AMSTERDAM 2008 - THE PHOTOGRAPHIC JOURNEY
( Revision, Tagebuch einer Reise und Skizze einer Erzählung, die nie geschrieben wurde. Noch nicht vollständig aber brauchtbar ... )
Unterwegs. Nicht nur über vorgebahnte Pfade, sondern über die Grenzen des Gewonnten hinaus. Aussteig auf Zeit, meinen Körper spüren, meine Gedanken prüfen, meine Grenzen kennenlernen, mein Auge schulen, ein anderer werden ...
Die Uhren von Amsterdam zeigen nicht nur die Zeit sondern auch den Wind. Die Seefahrt machte Amsterdam einst zum Zentrum einer Weltmacht. Den Satz von Cees Nooteboom ( der eigentlich von W. Benjamin stammt ) habe ich zu meinem Hauptziel erklärt: Die Stadt ist ein Buch, der Spaziergänger sein Leser.
Nur mit dem Notwendigstem gerüstet fahre ich nach Amsterdam, fest entschlossen diesen magischen Kosmos zu erkunden. Ein kleines Apartment im Oude Zijde dient als Basislager. Von hier aus werden die tägliche Entdeckungsfahrten gestartet.
Der Farbholzschnitt von Cornelis Anthonisz (1538) ist eine präzise Dasrstellung Amsterdams. Oude Zijde und Nieuwe Zijde (Alte Seite und Neue Seite) gehören zu den ältesten Stadtteilen Amsterdams. Der Stadtplan (um 1729) mit Grachtengürtel und Plantage-Viertel.
Amsterdams Innenstadt ein geodnetes Labyrinth von Grachten, Brücken und kleineren Wasserkanälen. Wo befinde ich mich gerade? Kirchentürme übernehmen manchmal an Land die Funktion von Leuchttürme am Meer! Amsterdam hat 1281 Brücken aber 1400 Kneipen und Cafes. Sei es ruhig, entspannt, gelassen, gemütlich, gesellig, romantisch, erotisch, extatisch: rund um die Uhr findet man die Atmosphäre die man sucht.
Am 20. März 1602 verschmolzen die niederländischen Syndikate zu einer riesigen Gesellschaft names Vereenigde Oost-indische Companie (VOC). Mit ihrer Gesamtleitung betraute man siebzehn Direktoren, die so genannten Heren Zeventien oder "Herren XVII". - [ vgl. Mike Dash, Der Untergang der Batavia, 2003. ]
Oostindisch Huis - Das ehemalige Gebäude der VOC mit seiner schönen Fassade aus dem frühen 17. Jhr. gehört heute der Universität.
Die 1602 in Amsterdam gegründete Vereinigte Ostindische Kompanie (VOC) baute in Ostasien rasch ein geradezu koloniales Imperium auf, das fast zwei Jahrhunderte Bestand hatte. In dieser Zeit dominierte die VOC mit staatsgleichen Befugnissen den Handel mit Gewürzen, Textilien, Porzellan, Kaffee, Tee und anderen Luxusgütern und hatte einen entsprechend gigantischen Bedarf an Arbeitskräften. Gebraucht und geworben wurden nicht nur Matrosen, sondern vor allem auch Kaufleute, Schreiber, Chirurgen, Packhausknechte usw. Der Reiz der fernen Welten, Abenteuerlust, aber auch finanzielle Not und andere Motive lockten oder trieben Männer aus ganz Europa auf die zweibis dreimal jährlich nach Ostasien auslaufenden Flotten der VOC. Mehr als eine Million Menschen beschritten diesen Weg.
Amsterdam ist kein Ort den man einfach besucht und dann vergißt. Die Auswirkungen und Nachwirkungen sind von Dauer und reichen von Änderungen in der Ästhetik und der Erotik, bis hin in die Weltanschauung und das Denken. Nach der Erfahrung von Amsterdam ist man nicht unbedingt ein Anderer, man hat aber durchaus mehr gesehen und mehr erlebt und ist sich bewusst, dass es viel mehr Dinge auf der Welt gibt, als man vorher angenommen hat.
Eins ist sicher, man wird in dieser Stadt zurückkehren ...
Es war eine Suche, nach einem neuen Weg im Leben, nach einer neuen Rolle, eine andere Identität. Das logisch-wissenschaftliche Berufs- bzw. Existenz-Modell war gerade zugrunde gegangen.
Das "Wissenschaftler-Dasein", ich hatte immer hin fast zwanzig Jahre an die Verfolgung dieses Ideals investiert, wenn nicht unbedingt ein Irrtum, durchaus beschränkt und unausreichend um mein Verlangen nach Leben zu erfühlen. Ich habe mich dann an das Maritime orientiert, die Seefahrten. Holland war der richtiger Ort. Weit weg vom Mediterran aber mit einer lange Geschichte. In einer gewissen Hinsicht es war das Land der Seefahrt. Die Holländer haben ihr Land fast selbst erschaffen, in einem Titanen-Kampf mit der Nordsee. Den ganzen Sommer habe ich als Skipper gearbeitet ... ich stand plötzlich an einem kleinen Hafen und ich segelte los. Vom Meer komme ich her und da gehöre ich hin ... Ich fühlte mich frei, ja berauscht. Die exotischen Ortsnamen und ausgefallene und aufwendige Architektur der Gebäude und Wohnhäuser hatten auf mich eine symbolische fast magische Wirkung, der stärkste Stimulant des Geistes und eine Beflügelung der Phantasie.
Nun war die Saison zu Ende. Ich suchte einen Abschluß, eine Meditations- oder Reflexions-Pause. Wo bin ich angekommen? Auf welchen Kurs steure ich? Amsterdam war dieser Ort. Die Stadt bot mir zu lesen, es war wie ein Buch, geschrieben in einer Vielfalt von Schriften. Was darin lesen sollte wäre meine eigene Geschichte.
Auf diesem, durch die Geschichte, beschrifteten/gewobenen Canvas der Stadt versuchte ich also die Spuren meiner eigenen Geschichte zu finden. Die Grachten, die Gassen, die Häuser, die Brücken, die Schiffe, die Museen, die Kunstwerke, die Cafes, die Coffeeshops, die Bordele, es waren die Zeichen, die Symbole eines großen Bedeutungssystems. Es waren die Räume der Geschichte und gleichzeitig der Imagination, daraus sollte meine Geschichte entstehen. Geschichten sind Fiktionen, freie Konstruktionen des Geistes, Trauerspiele. Es sind aber fürs Überleben notwendig. Durch Geschichten erst wird die Welt geordnet, eine Bedeutung bekommen. Aus dem Chaos der Sinneswahrnehmungen, der Eindrücke, der Zufäligkeiten wird eine oder mehrere Gestallten entstehen. Ich sehe die Welt, ich finde in diesen Betrachtungen / Spiegelungen mich selbst ( Selbstfindung).
Tagelang habe ich mich durch dieses Labyrinth von Wahrnehmungen, Erinnerungen, Geschichte, ... mich verirrt. In den folgenden Jahren bin ich immer wieder durch Meere, Inseln und Städte gereist um die Spuren meiner Geschichte zu suchen ( my adventures ) ...
Die Fotografie hatte damals für mich eine mehr oder weniger reine dokumentarische Funktion, die Bilder waren eine Art visuelle Notizen, Gedächtnisstütze oder Hilfsmittel, Rohmaterial und Anregungen für das Schreiben. Ich hatte auch eine sehr handliche aber von der Bildqualität her sehr einfache Digitalkamera. Ich wollte auch primär kein Fotograf sondern ein Reisender sein. Später, in diesen Jahren des Reisens und des "`Unterwegsseins"', hat sich auch die Wende hin zum Visuellen und zur Fotografie als Kunst vollzogen ( PhotoVisionProject ). Damals war ich unterwegs. Wahrnehmen, Sehen und Erleben standen in den Vordergrund.
Meine Reisen damals waren eher Irrfahrten. Neugier aber auch Flucht, und die Identitätsproblematik haben mich angetrieben. Es gab auch keinen vorgeplanten Verlauf, kein Plan, oft nicht einmal ein Ziel. Der Zufall hat mehr oder weniger die Routen gestaltet oder ein dunkler Instinkt. Ich war nicht wie Odysseus, dessen Reise auf ein Ziel ausgerichtet war und die Heimkehr anstrebte. Ich wollte fliehen, es gab keine Heimat, keine Verankerung. Ich befand mich in einer Art Labyrinth. Die Städte, die Geschichte, die Seefahrten ... Der Weg ist dieses neue Labyrinth.
Ich befand mich mitten in diesem neuen lustvollem Labyrinth. Das klassische Labyrinth aus Mauern ist durch das Labyrinth der fremden Stadt ersetzt. Die Stadt, ihre Gegenwart und ihre Geschichte, die Gebäude aus blassrosa Ziegeln, die mit seltsamen weißem Mörtel verbunden waren, die langen Straßenzeilen schmalbrüstiger Wohnhäuser mit großen Fenstern im Erdgeschoss, die unaussprechlichen Namensschilder, das war das neue Labyrinth. Ich war unbewusst ein Flaneur im Sinne Walters Benjamins.
An dieser Stelle wird auch deutlich, was den Reiz der Flanerie ausmacht:
nur durch das bewusste Verirren kann der Flaneur letztendlich das finden,
was er sucht. Zu diesem Zeitpunkt aber war mir alles noch unklar.
Der Ort allein gewährt noch keinen Zugang zur Erkenntnis: dafür werden
Schwellen benötigt. Sie sind symbolischer und realer Übertritt zugleich, sie
ermöglichen den Übertritt von der Gegenwart rückwärts über die Vergangenheit in die neue Zukunft.
Die Schwelle ist eine Zone. Und zwar eine Zone des Übergangs.
Schwellen sind „die geringeren Übergänge, die Stadt von Wasser, Stadt von Flachland, Stadtteil von
Stadtteil abheben: Baustellen, Brücken, Stadtbahnbögen und Squares ... “ ( W. Benjamin "Die Wiederkehr der Flaneure".), aber auch Türschwellen, Torbögen, Haustüren und „Durchgänge“ aller Art. Sie markieren Übergänge und unterstreichen damit die symbolische Wirkung des Ortes. Es sind genau Orte und nicht Zeitabläufe, die eine Geschichte entstehen lassen.
Nun nach so vielen Jahren weiß ich jedenfalls aus meinen eigenen körperlichen Erfahrung, dass der Weg möglich ist. Ich habe es selbst probiert. Und doch habe ich den Raum nicht „erobert“. Es
fehlt etwas zu meiner Gewissheit. Mir fehlt weiterhin der Überblick. Vom Zentrum
her ist das Labyrinth ebenso unüberschaubar wie von außen.
Schließlich bin ich den ganzen Weg zum Eingang zurückgekehrt und blicke auf
die Windungen des Labyrinths zurück. Wo bin ich aber angekommen oder überhaupt, wer bin ich? Glücklich über meinen neuen Standort? Oder habe ich den Wunsch, zurückzukehren und mir erneut auf die Suche nach dem Geheimnis zu machen?
Im Labyrinth der Irr-Fahrten ist etwas geschehen, zweifellos. Was aber habe ich gefunden?
Vielleicht sollte ich es doch noch einmal versuchen und wieder und abermals ...
Holland und Amsterdam war ein sehr wichtiger Wende-Punkt in meinem Leben. Wie kein anderer in diesen Jahren des Suchens und des Unterwegsseins. Weder England ( UKSA, Isle of Wight ), THAILAND ( IDS, Phuket ), noch Majorka haben mich so tief verändert / berührt wie die Reisen nach Holland im Jahr 2008. Nur die Reisen nach Griechenland in den Jahren danach ( 2009 - 2011 ), haben einen tieferen Einfluß auf mich gehabt.
Nun es ist nach Mitternacht und ich bin weiter mit diesen Gedanken beschäftigt ...
Was wurde aus meiner Amsterdam (Holland) Reise? Was habe ich der Stadt abgelesen? Ich wollte ein Buch schreiben, aber Nein, das wurde es vorerst nicht. Die Stadt sollte sich eher als ein Buch mit sieben Siegeln erweisen, die nicht so leicht zu lösen waren. Mein Ziel war eher aus der komplexen Raumzeit ( Chronotopos ) der Stadt einen Mythos zu finden, das Narrativ ( Erzählung ) des neuen Abschnitts meines Lebens ... Ist es mir gelungen? Reisen haben durchaus diese Macht eine Metamorphose zu initiieren, der Reisender wird einer Art Ritual untwerzogen, die Herauslösung aus dem vertrauten solzialen und kulturellen Umfeld und die Herausbildung einer neuer Identität. Der Weg, die Reise wird zu einem Symbol des unendlichen Projektes der Individuation. Dieses Paradoxon, die Erwartung durch den Abschied von der Herkunft und die Begegnung mit dem Fremden ein anderer zu werden, ein "authentisches" Ich zu finden hat schon Goethe in seinem Reisebericht "Italienische Reise" formuliert:
Nun ich bin ein anderer und Ich bin nach Amsterdam nicht zurückgekehrt. Aber vielleicht spiegeln sich hier wesentliche Merkmale unser Zeit wieder. Das es keine Bindungen mehr gibt, keine feste Bezugssysteme, keine Konstanten in unserem Leben. Es gibt auch nicht mehr Großes zu entdecken, Heroisches zu tun oder keine Heldentaten zu vollbringen. Es gibt die \textit{terra incognita} definitiv nicht und es gibt schon seit der Zeit der VOC, seit den Seereisen von James Cook, seit der Zeit der großen Forschungsreisen des 19 Jh. oder spätestens seit Google Earth gar nicht mehr oder sehr wenig neu zu entdecken. Genauso gilt, dass es keine Abenteuer-Reisen mehr gibt, sondern nur "touristische Veranstaltungen / Inszenierungen". Das was es vielleicht noch gibt sind die kleinen, die unscheinbaren Dinge ...
Reisen sind immernoch notwendig und bewirken eine Art Metamorphose. Der Lebensweg aber gestaltet sich für das moderne Individuum, in Kontrast zur geordneten und auf die Heimkehr gerichteten Fahrt des Odysseus, als eine offene Bahn, in Richtung eines endlosen Unterwegsseins. Reisen ist für den modernen Menschen durchaus ein Medium der Therapie und der individueller Sinnstiftung. Das gleiche gilt auch für die mit dem Reisen sehr eng zusammenhängende Tätigkeit des Fotografierens ( mehr dazu an einer anderen Stelle ... ).
Im Motiv einer endlosen Reise nun lassen sich Fernweh und Heimweh miteinander kombinieren: Wenn jedes Angekommensein sich als fraglich entpuppt, als eine Zwischenstation mit dem Wissen, dass das nächste Ziel ein erst noch zu bestimmendes sei, dann wird Kontinuität durch die Permanenz eines offenen Reisezustandes geschaffen.
Nach Amsterdam segelte ich dann monatelang zu den Griechischen Inseln: Sailing in Greece.
Ein Rausch kommt über den, der lange ohne Ziel durch Straßen marschierte. Das Gehn gewinnt mit jedem Schritte wachsende Gewalt; immer geringer werden die Verführungen der Läden, der Bistros, der lächelnden Frauen, immer unwiderstehlicher der Magnetismus der nächsten Straßenecke, einer fernen Masse Laubes, eines Straßennamens. ( W. Benjamin )
[ 2008 ] - Vorspiel ( Präludium )
DIE ENTSCHEIDUNG nach Amsterdam zu gehen ist nicht schwer gefallen. Es war die Kulmination meiner Segelreisen in diesem Sommer. Über acht Wochen bin ich durch das Niederländische Küstenmeer gesegelt. Unzählige Male habe ich diese wunderschönen Orte angesteuert, die diese seltenen, fast archaischen Namen tragen: Hoorn, Enkhuizen, Harlingen, Makum, Stavoren, Urk, Hindeloopen, Oudeschild, Den Oever, Oudeschild, Vlieland, West Terscheling. Nun dachte ich mir, jetzt ist es Zeit das Zentrum dieses wunderbaren Kosmos zu besuchten, ich muß nach Amsterdam reisen.Unterwegs. Nicht nur über vorgebahnte Pfade, sondern über die Grenzen des Gewonnten hinaus. Aussteig auf Zeit, meinen Körper spüren, meine Gedanken prüfen, meine Grenzen kennenlernen, mein Auge schulen, ein anderer werden ...
Die Uhren von Amsterdam zeigen nicht nur die Zeit sondern auch den Wind. Die Seefahrt machte Amsterdam einst zum Zentrum einer Weltmacht. Den Satz von Cees Nooteboom ( der eigentlich von W. Benjamin stammt ) habe ich zu meinem Hauptziel erklärt: Die Stadt ist ein Buch, der Spaziergänger sein Leser.
Nur mit dem Notwendigstem gerüstet fahre ich nach Amsterdam, fest entschlossen diesen magischen Kosmos zu erkunden. Ein kleines Apartment im Oude Zijde dient als Basislager. Von hier aus werden die tägliche Entdeckungsfahrten gestartet.
Der Grundriß von Amsterdam ist im Laufe der Jahrhunderte ein immer komplizierteres Zeichen geworden, ein chinesisches Schriftzeichen, das sich beständig erweitert, aber stets das gleiche bedeutet hat. Das Land ist das Papier, das Wasser die Tusche.
- Cees Nooteboom, Die Form des Zeichens, die Form der Stadt.Ich will vorbereitet nach Amsterdam reisen. Ich studiere im voraus über Tage und Nächte Reiseführer, Bücher, alte Karten und Ansichten von Amsterdam.
Der Farbholzschnitt von Cornelis Anthonisz (1538) ist eine präzise Dasrstellung Amsterdams. Oude Zijde und Nieuwe Zijde (Alte Seite und Neue Seite) gehören zu den ältesten Stadtteilen Amsterdams. Der Stadtplan (um 1729) mit Grachtengürtel und Plantage-Viertel.
Eine Stadt mit vielen Ansichten
Amsterdams Innenstadt ein geodnetes Labyrinth von Grachten, Brücken und kleineren Wasserkanälen. Wo befinde ich mich gerade? Kirchentürme übernehmen manchmal an Land die Funktion von Leuchttürme am Meer! Amsterdam hat 1281 Brücken aber 1400 Kneipen und Cafes. Sei es ruhig, entspannt, gelassen, gemütlich, gesellig, romantisch, erotisch, extatisch: rund um die Uhr findet man die Atmosphäre die man sucht.
Die Geschichte
Eigentlich durfte es die Stadt Amsterdam überhaupt nicht geben. Während des Mittelalters war sie kaum mehr als ein unscheinbares kleines Fischerdorf, das in den Sümpfen am Südrand der Zuidersee vor sich hinfaulte. Es hatte weifellos eine ungüstige Lage: Das Klima - eisige Kälte im Winter, feucht und neblig während des übrigen Jahres - war entsetzlich, und zum offenen Meer gelangte man nur durch ein Labyrinth von Kanälen, die von Sandbänken blockiert wurden und so seicht waren, dass voll beladen Schiffe nicht in den Hafen einlaufen konnten. Kurz gesagt ließ kaum etwas die Vermutung zu, dass Amsterdam einmal zu einem Ort von großer Bedeutung werden würde. Aber zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts hatte das Dorf seine natürlichen Nachteile überwunden und war zur reichsten Stadt der Welt geworden.
Grundlage dieses bemerkenswerten Erfolges war der Handel.
Am 20. März 1602 verschmolzen die niederländischen Syndikate zu einer riesigen Gesellschaft names Vereenigde Oost-indische Companie (VOC). Mit ihrer Gesamtleitung betraute man siebzehn Direktoren, die so genannten Heren Zeventien oder "Herren XVII". - [ vgl. Mike Dash, Der Untergang der Batavia, 2003. ]
Oostindisch Huis - Das ehemalige Gebäude der VOC mit seiner schönen Fassade aus dem frühen 17. Jhr. gehört heute der Universität.
Die 1602 in Amsterdam gegründete Vereinigte Ostindische Kompanie (VOC) baute in Ostasien rasch ein geradezu koloniales Imperium auf, das fast zwei Jahrhunderte Bestand hatte. In dieser Zeit dominierte die VOC mit staatsgleichen Befugnissen den Handel mit Gewürzen, Textilien, Porzellan, Kaffee, Tee und anderen Luxusgütern und hatte einen entsprechend gigantischen Bedarf an Arbeitskräften. Gebraucht und geworben wurden nicht nur Matrosen, sondern vor allem auch Kaufleute, Schreiber, Chirurgen, Packhausknechte usw. Der Reiz der fernen Welten, Abenteuerlust, aber auch finanzielle Not und andere Motive lockten oder trieben Männer aus ganz Europa auf die zweibis dreimal jährlich nach Ostasien auslaufenden Flotten der VOC. Mehr als eine Million Menschen beschritten diesen Weg.
Bibliotheca Philosophica Hermetica (BPH)
Rosenkreuzer nennt man die Mitglieder einer geheimen, mystischen Gesellschaft (mitunter auch als Orden bezeichnet), deren Anfänge im 17. Jahrhundert liegen. Die Lehrinhalte der Rosenkreuzer bestehen aus alchemistischen, hermetischen und kabbalistischen Elementen. Entsprechend der Gründungslegende ist Frater C.R. Begründer des Ordens der Rosenkreuzer. Besondere Aufmerksamkeit erregte diese Gesellschaft durch die Veröffentlichung drei gesellschaftskritischer und reformatorischer Manifeste. Das erste Manifest mit dem Titel „Allgemeine und General Reformation der gantzen weiten Welt“, kurz Fama Fraternitatis, wurde 1614 veröffentlicht. Danach folgten 1615 die Confessio Fraternitatis und 1616 die Chymische Hochzeit. Als Autor gilt der Theologe Johann Valentin Andreae.Ausklang (Nachspiel)
Genauso wie eine Reise nicht erst mit dem Reisebeginn anfängt, sondern ihren Ursprung mit dem Wunsch, die Vision und die Planung schon Tage, Wochen oder gar Monate und Jahre hat, so ist eine Reise längst nicht mit der Rückkehr zu Ende.Amsterdam ist kein Ort den man einfach besucht und dann vergißt. Die Auswirkungen und Nachwirkungen sind von Dauer und reichen von Änderungen in der Ästhetik und der Erotik, bis hin in die Weltanschauung und das Denken. Nach der Erfahrung von Amsterdam ist man nicht unbedingt ein Anderer, man hat aber durchaus mehr gesehen und mehr erlebt und ist sich bewusst, dass es viel mehr Dinge auf der Welt gibt, als man vorher angenommen hat.
Eins ist sicher, man wird in dieser Stadt zurückkehren ...
[ 2018 ] - REVISION
ES SIND FAST ZEHN JAHRE HER, seit ich Amsterdam zuletzt besucht habe. Zurückgekehrt bin ich nicht. Ich trage aber tief in mir, die Erinnerungen und die Intensität der damaligen Suche. Fast zehn Jahre nach der reellen Zeit des Besuchs, das Geheimnis der Reise verfolgt mich weiter.Es war eine Suche, nach einem neuen Weg im Leben, nach einer neuen Rolle, eine andere Identität. Das logisch-wissenschaftliche Berufs- bzw. Existenz-Modell war gerade zugrunde gegangen.
Das "Wissenschaftler-Dasein", ich hatte immer hin fast zwanzig Jahre an die Verfolgung dieses Ideals investiert, wenn nicht unbedingt ein Irrtum, durchaus beschränkt und unausreichend um mein Verlangen nach Leben zu erfühlen. Ich habe mich dann an das Maritime orientiert, die Seefahrten. Holland war der richtiger Ort. Weit weg vom Mediterran aber mit einer lange Geschichte. In einer gewissen Hinsicht es war das Land der Seefahrt. Die Holländer haben ihr Land fast selbst erschaffen, in einem Titanen-Kampf mit der Nordsee. Den ganzen Sommer habe ich als Skipper gearbeitet ... ich stand plötzlich an einem kleinen Hafen und ich segelte los. Vom Meer komme ich her und da gehöre ich hin ... Ich fühlte mich frei, ja berauscht. Die exotischen Ortsnamen und ausgefallene und aufwendige Architektur der Gebäude und Wohnhäuser hatten auf mich eine symbolische fast magische Wirkung, der stärkste Stimulant des Geistes und eine Beflügelung der Phantasie.
Nun war die Saison zu Ende. Ich suchte einen Abschluß, eine Meditations- oder Reflexions-Pause. Wo bin ich angekommen? Auf welchen Kurs steure ich? Amsterdam war dieser Ort. Die Stadt bot mir zu lesen, es war wie ein Buch, geschrieben in einer Vielfalt von Schriften. Was darin lesen sollte wäre meine eigene Geschichte.
Auf diesem, durch die Geschichte, beschrifteten/gewobenen Canvas der Stadt versuchte ich also die Spuren meiner eigenen Geschichte zu finden. Die Grachten, die Gassen, die Häuser, die Brücken, die Schiffe, die Museen, die Kunstwerke, die Cafes, die Coffeeshops, die Bordele, es waren die Zeichen, die Symbole eines großen Bedeutungssystems. Es waren die Räume der Geschichte und gleichzeitig der Imagination, daraus sollte meine Geschichte entstehen. Geschichten sind Fiktionen, freie Konstruktionen des Geistes, Trauerspiele. Es sind aber fürs Überleben notwendig. Durch Geschichten erst wird die Welt geordnet, eine Bedeutung bekommen. Aus dem Chaos der Sinneswahrnehmungen, der Eindrücke, der Zufäligkeiten wird eine oder mehrere Gestallten entstehen. Ich sehe die Welt, ich finde in diesen Betrachtungen / Spiegelungen mich selbst ( Selbstfindung).
Tagelang habe ich mich durch dieses Labyrinth von Wahrnehmungen, Erinnerungen, Geschichte, ... mich verirrt. In den folgenden Jahren bin ich immer wieder durch Meere, Inseln und Städte gereist um die Spuren meiner Geschichte zu suchen ( my adventures ) ...
Die Fotografie hatte damals für mich eine mehr oder weniger reine dokumentarische Funktion, die Bilder waren eine Art visuelle Notizen, Gedächtnisstütze oder Hilfsmittel, Rohmaterial und Anregungen für das Schreiben. Ich hatte auch eine sehr handliche aber von der Bildqualität her sehr einfache Digitalkamera. Ich wollte auch primär kein Fotograf sondern ein Reisender sein. Später, in diesen Jahren des Reisens und des "`Unterwegsseins"', hat sich auch die Wende hin zum Visuellen und zur Fotografie als Kunst vollzogen ( PhotoVisionProject ). Damals war ich unterwegs. Wahrnehmen, Sehen und Erleben standen in den Vordergrund.
Das Geheimnis der Reise oder Das Labyrinth und der Flaneur
A journey is an adventure in space and time. Adventure, space and time - all three are involved. Stories and journeys have them in common. A journey is always accompanied by curiosity about the unknown; it creates expectations and intensity of perception: you see things on the road that you never would at home.
(Wim Wenders, Impossible stories.)
Meine Reisen damals waren eher Irrfahrten. Neugier aber auch Flucht, und die Identitätsproblematik haben mich angetrieben. Es gab auch keinen vorgeplanten Verlauf, kein Plan, oft nicht einmal ein Ziel. Der Zufall hat mehr oder weniger die Routen gestaltet oder ein dunkler Instinkt. Ich war nicht wie Odysseus, dessen Reise auf ein Ziel ausgerichtet war und die Heimkehr anstrebte. Ich wollte fliehen, es gab keine Heimat, keine Verankerung. Ich befand mich in einer Art Labyrinth. Die Städte, die Geschichte, die Seefahrten ... Der Weg ist dieses neue Labyrinth.
Sich in einer Stadt nicht zurechtfinden heißt nicht viel. In einer Stadt sich aber zu verirren, wie man in einem Walde sich verirrt, braucht Schulung. Da müssen Straßennamen zu dem Irrenden so sprechen wie das Knacken trockner Reiser und kleine Straßen im Stadtinnern ihm die Tageszeiten so deutlich wie eine Bergmulde widerspiegeln. Diese Kunst habe ich spät erlernt; sie hat den Traum erfüllt, von dem die ersten Spuren Labyrinthe auf den Löschblättern meiner Hefte waren.
( W. Benjamin "Städtebilder". )
An dieser Stelle wird auch deutlich, was den Reiz der Flanerie ausmacht:
nur durch das bewusste Verirren kann der Flaneur letztendlich das finden,
was er sucht. Zu diesem Zeitpunkt aber war mir alles noch unklar.
Der Ort allein gewährt noch keinen Zugang zur Erkenntnis: dafür werden
Schwellen benötigt. Sie sind symbolischer und realer Übertritt zugleich, sie
ermöglichen den Übertritt von der Gegenwart rückwärts über die Vergangenheit in die neue Zukunft.
Die Schwelle ist eine Zone. Und zwar eine Zone des Übergangs.
Schwellen sind „die geringeren Übergänge, die Stadt von Wasser, Stadt von Flachland, Stadtteil von
Stadtteil abheben: Baustellen, Brücken, Stadtbahnbögen und Squares ... “ ( W. Benjamin "Die Wiederkehr der Flaneure".), aber auch Türschwellen, Torbögen, Haustüren und „Durchgänge“ aller Art. Sie markieren Übergänge und unterstreichen damit die symbolische Wirkung des Ortes. Es sind genau Orte und nicht Zeitabläufe, die eine Geschichte entstehen lassen.
fehlt etwas zu meiner Gewissheit. Mir fehlt weiterhin der Überblick. Vom Zentrum
her ist das Labyrinth ebenso unüberschaubar wie von außen.
Schließlich bin ich den ganzen Weg zum Eingang zurückgekehrt und blicke auf
die Windungen des Labyrinths zurück. Wo bin ich aber angekommen oder überhaupt, wer bin ich? Glücklich über meinen neuen Standort? Oder habe ich den Wunsch, zurückzukehren und mir erneut auf die Suche nach dem Geheimnis zu machen?
Im Labyrinth der Irr-Fahrten ist etwas geschehen, zweifellos. Was aber habe ich gefunden?
Vielleicht sollte ich es doch noch einmal versuchen und wieder und abermals ...
Mythos, Narrativ, Vision, Metamorphose
Der Grund warum ich auf die früheren Tagebücher zurückgreife und die "`Aufarbeitung der Vergangenheit"' auf mich nehme, ist ein ganz persöhnlicher. Es geht um mein Leben, um welche Pfade ich verfolgt habe, wie ich gelebt habe und wer ich geworben bin ...Holland und Amsterdam war ein sehr wichtiger Wende-Punkt in meinem Leben. Wie kein anderer in diesen Jahren des Suchens und des Unterwegsseins. Weder England ( UKSA, Isle of Wight ), THAILAND ( IDS, Phuket ), noch Majorka haben mich so tief verändert / berührt wie die Reisen nach Holland im Jahr 2008. Nur die Reisen nach Griechenland in den Jahren danach ( 2009 - 2011 ), haben einen tieferen Einfluß auf mich gehabt.
Nun es ist nach Mitternacht und ich bin weiter mit diesen Gedanken beschäftigt ...
Was wurde aus meiner Amsterdam (Holland) Reise? Was habe ich der Stadt abgelesen? Ich wollte ein Buch schreiben, aber Nein, das wurde es vorerst nicht. Die Stadt sollte sich eher als ein Buch mit sieben Siegeln erweisen, die nicht so leicht zu lösen waren. Mein Ziel war eher aus der komplexen Raumzeit ( Chronotopos ) der Stadt einen Mythos zu finden, das Narrativ ( Erzählung ) des neuen Abschnitts meines Lebens ... Ist es mir gelungen? Reisen haben durchaus diese Macht eine Metamorphose zu initiieren, der Reisender wird einer Art Ritual untwerzogen, die Herauslösung aus dem vertrauten solzialen und kulturellen Umfeld und die Herausbildung einer neuer Identität. Der Weg, die Reise wird zu einem Symbol des unendlichen Projektes der Individuation. Dieses Paradoxon, die Erwartung durch den Abschied von der Herkunft und die Begegnung mit dem Fremden ein anderer zu werden, ein "authentisches" Ich zu finden hat schon Goethe in seinem Reisebericht "Italienische Reise" formuliert:
Überhaupt ist mit dem neuen Leben, das einem nachdenkenden Menschen die Betrachtung eines neuen Landes gewährt, nichts zu vergleichen. Ob ich gleich noch immer derselbe bin, so mein' ich, bis aufs innerste Knochenmark verändert zu sein.
Nun ich bin ein anderer und Ich bin nach Amsterdam nicht zurückgekehrt. Aber vielleicht spiegeln sich hier wesentliche Merkmale unser Zeit wieder. Das es keine Bindungen mehr gibt, keine feste Bezugssysteme, keine Konstanten in unserem Leben. Es gibt auch nicht mehr Großes zu entdecken, Heroisches zu tun oder keine Heldentaten zu vollbringen. Es gibt die \textit{terra incognita} definitiv nicht und es gibt schon seit der Zeit der VOC, seit den Seereisen von James Cook, seit der Zeit der großen Forschungsreisen des 19 Jh. oder spätestens seit Google Earth gar nicht mehr oder sehr wenig neu zu entdecken. Genauso gilt, dass es keine Abenteuer-Reisen mehr gibt, sondern nur "touristische Veranstaltungen / Inszenierungen". Das was es vielleicht noch gibt sind die kleinen, die unscheinbaren Dinge ...
Reisen sind immernoch notwendig und bewirken eine Art Metamorphose. Der Lebensweg aber gestaltet sich für das moderne Individuum, in Kontrast zur geordneten und auf die Heimkehr gerichteten Fahrt des Odysseus, als eine offene Bahn, in Richtung eines endlosen Unterwegsseins. Reisen ist für den modernen Menschen durchaus ein Medium der Therapie und der individueller Sinnstiftung. Das gleiche gilt auch für die mit dem Reisen sehr eng zusammenhängende Tätigkeit des Fotografierens ( mehr dazu an einer anderen Stelle ... ).
Im Motiv einer endlosen Reise nun lassen sich Fernweh und Heimweh miteinander kombinieren: Wenn jedes Angekommensein sich als fraglich entpuppt, als eine Zwischenstation mit dem Wissen, dass das nächste Ziel ein erst noch zu bestimmendes sei, dann wird Kontinuität durch die Permanenz eines offenen Reisezustandes geschaffen.
Nach Amsterdam segelte ich dann monatelang zu den Griechischen Inseln: Sailing in Greece.

SEGELN IN HOLLAND ( Bilder )
EMBLEMEN
( A magical World. Soon more ... )
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